Liebe Forscher:in
Ab wann kann ein Kind seine Gefühle regulieren?
Wie kann das Umfeld ein Kind unterstützen, seine Emotionen zu integrieren?
Freundliche Grüsse Theresia Buchmann
Guten Tag Frau Buchmann,
vielen Dank für Ihre Frage! Da ich den Hintergrund Ihrer Frage nicht kenne, versuche ich Ihre Fragen allgemein und doch mit einigen spezifischen Angaben zu beantworten.
Emotionsregulation beginnt im ersten Lebensjahr, aber zunächst vor allem durch Co-Regulation mit einer sensitiven Bezugsperson.
Beispiele: Das Baby beruhigt sich, wenn es gehalten, sanft gesprochen oder rhythmisch bewegt wird; sein Stresssystem wird durch die Bezugsperson mitreguliert. Gleichzeitig zeigen Säuglinge bereits erste selbstinitiierte Strategien, etwa Blickabwendung, den Kopf wegdrehen, den eigenen Körper beruhigen (Daumen lutschen).
Zwischen 2 und 3 Jahren entwickeln Kinder zunehmend zielgerichtete eigene Strategien.
Beispiele: Sie suchen aktiv Nähe zur Bezugsperson, holen bewusst ein Übergangsobjekt, nutzen den Körper zur Selbstberuhigung, setzen einfache Sprache ein („bin traurig“) oder lenken sich durch Spiel oder Bewegung ab.
Im Vorschulalter (3–5 Jahre) verbessert sich die Regulation deutlich, weil Sprache, Impulskontrolle und soziale Perspektivenübernahme (Theory of mind) vermehrt genutzt werden können.
Beispiele: Kinder können kurze Wartezeiten besser aushalten, einfache Regulationsstrategien üben (z. B. an etwas anderes denken, um sich abzulenken), Gefühle in Rollenspielen ausdrücken.
Im Schulalter wird die Emotionsregulation weiter verbessert, da exekutive Funktionen weiter reifen.
Beispiele: Kinder können Frustration besser einordnen, planen ihre Reaktionen bewusster, nutzen soziale Unterstützung gezielter und wenden zunehmend kognitive Strategien an (z. B. umdeuten, Probleme lösen).
Im Jugendalter wird die Vielfalt an Strategien nochmals feiner abgestimmt und stärker kontextsensitiv, da abstraktes Denken und Selbstreflexion weiter ausreifen.
• Sensitivität der Bezugsperson:
Feinfühlig und prompt auf Signale reagieren, Gefühle ernst nehmen, beruhigen – so entsteht Sicherheit und das Kind lernt innere Zustände besser zu verstehen und zu ordnen.
Co-Regulation:
Das Kind begleiten, Emotionen spiegeln, gemeinsam Lösungen finden.
Spiel nutzen:
- Im freien Spiel verarbeitet das Kind Erlebnisse und experimentiert mit Gefühlen.
- In Rollenspielen lernt es Perspektivenübernahme und emotionale Ausdrucksformen.
- Regel- und Bewegungsspiele fördern Impulskontrolle und Flexibilität – wichtige Grundlagen der Emotionsregulation.
Rolle der Peers:
Mit Gleichaltrigen erlebt das Kind Konflikte, Kooperation und Aushandlungen. Diese sozialen Herausforderungen unterstützen das Lernen von Frustrationstoleranz, Rücksichtnahme und der Regulation starker Emotionen.
Struktur und Vorhersagbarkeit:
Verlässliche Abläufe entlasten das Stresssystem und geben Orientierung.
Zusammengefasst kann also gesagt werden, dass erste Anzeichen der Emotionsregulation bereits sehr früh auftreten, die Entwicklung jedoch lange, d.h. bis ins frühe Erwachsenenalter (und darüber hinaus!) dauern kann.
Ich hoffe, Ihnen damit einen ersten Überblick zur Entwicklung der Emotionsregulation gegeben zu haben. Fragen Sie gerne nach, was Sie spezifisch interessiert.
Mit besten Grüssen
Regula Neuenschwander
Partnerschaften
Schweizerischer Nationalfonds
Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften
Gebert Rüf Stiftung
Beisheim Stiftung
Ernst Göhner Stiftung
Mehr Wissen für mehr Menschen.
Mehr Wissen für mehr Menschen.
© savoir public 2024